CptHell´s Seitenblicke

Seitenblick auf das aktuelle Gefecht in Afghanistan der Bundeswehr

Heute war es also mal wieder so weit. Die Bundeswehr hat in diesem „Nichtkrieg“ ein weiteres Gefecht geführt. Drei Soldaten sind nach den aktuellen Erkenntnissen aus Spiegel Online gefallen, fünf weitere, zum Teil schwer verletzt.

Patrouille in Hinterhalt, stundenlanges Feuergefecht und das ist das Ergebnis. Bitte versteht mich nicht falsch. Sicher sind auch auf der gegnerischen Seite Aufständische gefallen. Diese werde ich aber hier nicht weiter beleuchten. Warum sollte ich? SIE haben die deutsche Patrouille, die unterwegs war, einen Brückenbau und eine Minenräumung zu koordinieren angegriffen. Man horche auf! Sie waren unterwegs im Namen des Aufbaues, nicht um westliche Werte, Christentum o.ä. zu „missionieren“.

Der Unwissende könnte an dieser Stelle behaupten: „Na gut, die Jungs waren im Einsatz, haben ihren AVZ (Verwendungszuschlag im Auslandseinsatz, derzeit 102,-€ pro Tag in Afghanistan) aus guten Steuergeldern konsumiert und sind eben dem Risiko eines, von der breiten Bevölkerung nicht gewollten, Konflikt zum Opfer gefallen.“ – Ich sehe das aus eigener Erfahrung anders: Die Jungs waren unterwegs, den 90% der Afghanen zu helfen, die diese Hilfe dankbar annehmen. Sie wollten Minen räumen, eine wesentliche Brücke bauen und wurden in einen Hinterhalt gelockt. Schlimm genug. Die Soldaten vor Ort haben sich verteidigt. Sicher mit allen, ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln und Möglichkeiten. Bleibt die Frage offen, warum hat dieses Gefecht über Stunden gedauert? Eine hochmoderne Armee gegen eine Hand voll Aufständische. Im PRT Kunduz sind mehr als 300 Mann / Frau stationiert, im Bezirk Kunduz und Char Dareh leben nur noch ca. 80 – 100 Aufständische. Eigentlich keine Aktion – möchte man meinen. Ist es aber doch. Warum? Weil nach der Hexenjagd des vergangenen Herbstes auf Oberst Klein keiner mehr das Kreuz hat, notwendige Mittel einzusetzen. Hubschrauber, die Verletzte bergen werden unbestraft beschossen. (Kriegsvölkerrecht? Ach ich vergaß – Kein Krieg!) F 16 Jets überfliegen das Szenar im Tiefflug. „Show of Force“ nennt sich das. – „Danke für nix!“ sagen wohl die Soldaten am Boden. Ein- zwei Überflüge hätten der Situation am Kunduz-River im Herbst letzten Jahres sicher auch gut getan, aber irgendwann muss es doch vorbei sein mit „Show of Force“. Irgendwann, spätestens wenn Tote und Schwerverletzte auf der eigentlich überlegenen Seite aus einem feigen Hinterhalt resultieren. Hallo?! Wir sprechen hier von den in der Presse gerühmten deutschen Aufbauhelfern!

Der heutige Vorfall macht mich wütend! Wütend auf unsere militärische Führung auf das Primat der Politik, dem auch ich bis vor kurzem unterstand. Wie kann man als junger und / oder erfahrener Soldat voller Vertrauen auf seine Vorgesetzten aller Ebenen in ein Gefecht fahren, wenn man nicht wissen kann, wie lange einem der Rücken gestärkt wird? Wenn es also heute hart auf hart kommt und in einem Gefecht die entsprechenden Mittel gefordert sind, kann man sich eben nicht mehr verlassen, diese auch zu bekommen? Viele Gründe sind dafür ausschlaggebend. Nach meiner Meinung sind die wesentlichen:

1. Der Druck der eigentlich nicht linkslastigen, sondern korrekten, ausgeglichenen Politik. Jedoch eine Politik, die sich von Randgruppen unter Druck setzen lässt. Randgruppen, die Entscheidungen der rechtmäßig gewählten Regierung dermaßen in Frage stellen, dass diese nicht weiter entscheidungsfähig sind / vor wesentlichen Entscheidungen zurückschrecken. Ich wiederhole: Randgruppen, Splitterparteien! Ich sage nicht, dass alle Entscheidungen der Politik ungefragt stehen bleiben sollen. Ich sage nur, dass getroffene Entscheidungen im Sinne der eingesetzten Personen durchgezogen werden müssen und / oder mit allen Konsequenzen widerrufen werden müssen. Es gibt keinen halben Krieg! Es gibt keinen „Nichtkrieg“! Es ist absolut egal, ob man es „bewaffneten Konflikt“ oder Krieg nennt. Für die eingesetzten Soldaten ist es egal! Wir hätten die Mittel, das Wissen und die Möglichkeiten im Gesetz. Wir haben nur nicht die Courage, sie einzusetzen. Lieber teilen wir drei Familien am Karfreitag mit, dass ihre Söhne im „bewaffneten Konflikt“ „gestorben“ sind. Das macht mich wütend!

2. Presse. Presse ist notwendig. Ein notwendiges Mittel. Ein Mittel der nicht beeinflussten Berichterstattung. Presse soll kritisch sein. Aber was hier in der Vergangenheit gelaufen ist, war eine Hexenjagd. Es ging um Auflagen, Quoten und darum, dem Leser nach dem Maul zu reden. Mit Halbwissen zu hetzen, eine Färbung auf eine, zugegeben diskussionswürdige, Entscheidung zu werfen, die heute ihre Konsequenz bewiesen hat. Was hilft eine Presse, die ihr Fähnchen nach dem Wind dreht, einseitig berichtet und nur die Hälfte aufdeckt und nicht akzeptiert, dass es u.U. Punkte gibt, die eben im Sinne des Auftrages und der eingesetzten Soldaten nicht veröffentlicht werden können und dürfen.

Hier spielt dann Punkt 2 mit Punkt 1 zusammen. Hier passieren Dinge wie heute. Dinge, die man hätte vermeiden können. (Siehe Bericht aus Spiegel Online: Klick hier)

Was ist hier passiert? Deutsche Soldaten kämpfen ein stundenlanges Gefecht, in dessen Verlauf drei Soldaten fallen und fünf ihre Gesundheit einbüßen. Close Air Support wird geflogen, aber nur als „Show of Force“. Welche „Force“ zeigt man hier? Man zeigt, dass man überfliegt, aber nicht kämpft. Man zeigt, dass man genau keine weiteren Mittel hat. Man zeigt, dass man ein zahnloser Papiertiger ist, der lieber seine eigenen Männer opfert, als den Auftrag durchzuziehen. Man zeigt, dass man in der militärischen Führung vor Ort und in der Beurteilung der Lage Fakten einfließen lässt, die in die Politik gehören. Man opfert Soldaten für political correctness. Danke für nix! werden die drei Familien sagen, deren aufrichtiges Mitgefühl ich ihnen hier aussprechen werde.

Hier sitzt nun ein deutscher Offizier, der sich Fragen stellt. Keine Fragen nach dem generellen warum, aber Fragen nach dem warum in dieser Situation. Fragen nach dem Sinn eines Gefechtes, nach dem Sinn dreier Leben die gegeben wurden, obwohl ein chirurgisch geführter Luftschlag diese hätte vermeiden können. Hier stimmt was nicht. Sagt mir meine Erfahrung und mein Gefühl, auch wenn ich nicht dabei war.

Das hier geschriebene gibt meine persönliche Meinung wider, hat nichts mit der offiziellen Meinung deutscher Offiziere zu tun, basiert aber aus einer relativen Menge an Erfahrung und Unmengen Fragen, die jeden Tag, an dem ich diese Dinge lesen muss in mir aufkeimen.

In Gedanken an meine Kameraden!

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7 Responses to “Seitenblick auf das aktuelle Gefecht in Afghanistan der Bundeswehr” »

  1. uberVU - social comments Says:

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  2. Tweets die CptHell´s Seitenblicke » Blog Archive » Seitenblick auf das aktuelle Gefecht in Afghanistan der Bundeswehr erwähnt -- Topsy.com Says:

    […] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von CptHell, CptHell, Stephan Pühler, Stephan Pühler, Becca und anderen erwähnt. Becca sagte: RT CptHell: Gedanken a Afghanistan eines ehem. "Insiders" http://bit.ly/9C2Ref bitte RT / Komentare erwünscht […]

  3. CptHell Says:

    Mein Freund Carlo hat dazu folgendes geschrieben:

    Dieser Kollateralschaden ist der Politik, welche unsere Gesellschaft wiederspiegelt, eben lieber als ein kosequentes militärisches Vorgehen und den damit verbundenen Kosequenzen. Das besonders in A. gilt „wo gehobelt wird fallen Spähne“ sieht unsere Gesellschaft eben anders. Schließlich gibt es ja für alles eine friedliche Lösung. Höchstwahrscheinlich sind unsere Männer durch eskalierendes Verhalten in diese Situation gekommen und hätten das Problem bei vernünftiger Herangehensweise auch verbal lösen können. Armes Dtl.

    Wie schaut das eigentlich bezüglich der Führung rechtlich aus?!

    § 323c Unterlassene Hilfeleistung
    Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

  4. Simon Says:

    Mein Freund Simon kommentierte den Eintrag wie folgt:

    Hallo Philip

    Deinen Gedanken stimme ich voll und ganz zu und möchte noch zwei Details hinzufügen.

    1. Thema Kampfhubschrauber: Diese wären in Situationen wie dieser absoluter Trumpf. Auf jedem Bundeswehrposter oder –website wird mit dem Kampfhubschrauber TIGER seit Jahren (wahrscheinlich Jahrzehnten) geworben. Die Wahrheit ist, dass dieser Hubschrauber –obwohl schon seit den frühen 80ern in der Entwicklung- von der Einsatzreife immer noch weit entfernt ist. Ein unglaubliches Versagen von Bundeswehr und Industrie. Ähnliches gilt für den Transporthubschrauber NH-90, der die 45 Jahre alte Bell-UH 1D ablösen soll.
    Die gefallen und verwundeten Kameraden bei diesem Zwischenfall wurden übrigens von amerikanischen Kameraden mit Hilfe von Black Hawk-Hubschrauber geborgen. Dabei wurden sie beschossen, konnten sich aber mit Hilfe von Gatlin-Guns schnell durchsetzen. Eine Technik, über die die Bundeswehr ebenfalls nicht verfügt.
    2. Selbst moderne Waffen, die schon längst vorhanden sind, werden nicht eingesetzt. Seit Jahren setzen die Niederländer die Panzerhaubitze 2000 ein, mit durchschlagendem Erfolg. Die Wirkung muss dabei nicht unbedingt lethal sein. Mit Hilfe von Nebel kann in einem 40 km-Umkreis binnen Minuten eine Entspannung der Lage erreicht werden. Die großflächige Verteilung von nichttödlichem Reizgas kann eine sofortige Lageklärung bewirken, denn welcher Talib hat schon eine ABC-Schutzmaske?
    Seit 2002 sind deutsche Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Spätestens seit 2006 verschärft sich die Lage zusehends. Nichts ist getan worden, um den Soldaten die rechtlichen und materiellen Mittel an die Hand zu geben, um den vom Bundestag erteilten Auftrag mit Aussicht auf Erfolg umzusetzen. Darüber wird gerichtet werden.

    Gruß

    Simon

  5. pitti Says:

    Ist wirklich ein Dilemma. Das die Regierung bzw. Politiker z.T. zögern den Einsatz schwerer(er) Waffen gutzuheissen bzw. zu legitimieren, ist anfangs noch verständlich. Letztendlich kann ich mir das aber nur so erklären, dass einfach Geld (wie immer) die größte Rolle im Spiel hat… Waffen sind teuer, Männer sind teuer, Etat für Waffen o.Ä. kommt nie gut an. Der Normalobürger würde es nicht spüren, wenn er ab jetzt 10€ / Monat für den Verteidigungsetat hergibt… er würde es aber toll finden, wenn wieder irgendein Politiker Steuersenkungen verspricht – wie immer natürlich ohne zu sagen, wo die Steuergelder denn abgezogen werden.

    Ist schwer das zu erklären, aber ich will nur darauf hinweisen, dass „die Politiker“ eben das machen, was die Leute von ihnen wollen. Ich will hier nicht den amerikanischen Patriotismus & zum Teil schon Nationalismus gut heissen, aber da läuft das anders, so von wegen „support our troops“.. Aber die haben dafür genügend andere Probleme, also lassen wir das mal. LG & RIP an die Gefallenen.

  6. CptHell Says:

    Das ist der Punkt, den ich im Artiekl von gestern ansprechen. Wo geht das hin? Wollen wir dieses Ziel? WIrd die Bevölkerung bereit sein, die notwendigen Maßnahmen der Politik zu stützen und wenn nein, was ist die alternative? Was ist die ALternative, außer immer nur stumpf „Abzug! Abzug!“ zu brüllen? Was bleibt denn als angemessene Reaktion im HInblick auf das deutsche Ansehen und unser eigenes Geltungsbedürfnis in der Weltpolitik?
    Amerikanischen Patriotismus / Nationalismus wünsche ich mir sicher nicht. Ich bin stolz Deuscher zu sein und wohne gerne in Deutschland so wie es ist, aber manchmalwürde uns ein kleiner Ruck in diese RIchtung gut tun. Die EMpörung über die Särge, welche aus dem EInsatz kommen sollte nicht unseren Politikern gelten, sondern denen, die den Tot der Soldaten und vieler anderen verursacht haben. Ich sollte mich nicht privat oder bei der Jobsuche dafür rechtfertigen müssen, 14 Jahre als Soldat im In- und AUsland gedient zu haben, sondern sollte dadurch einen Vorsprung bekommen. Unsere Jungs in Afghanistan sollten bei ihrer Rückkehr nicht von linken Demonstranten als „Mörder“ beschimpft werden, sondern einfach herzlich wilkommen gehiessen werden, weil wir froh sein können um jeden, der unbeschadet zurück kommt. „Support our troups“ würde uns auch recht gut tun, wenigstens ein bisschen mehr.

  7. maybee Says:

    Ich bin wirklich zu tiefst traurig und gleichzeitig sauer auf unsere Regierung das Sie unsere Soldaten nicht die Waffensysteme zukommen lässt die benötigt werden, nur weil es ja dann den Anschein erwecken würde das wir dort im Krieg sind…

    Die Regierung sollte sich mal eingestehen das wir eventuell nach all den toten Soldaten was gemerkt haben könnten !?

    Hallo !? Die Bundeswehr ist da unten und sie muß kämpfen …gebt Ihnen die Waffen damit sie das erfolgreich tun können !

    Die Panzerhaubitze 2000 schießt auf 40 km, 5 m genau wenn da 2 Granaten einschlagen sind die Taliban weg …

    Der Tiger mag für die Region noch nicht gerüstet sein aber das war die CH-53 auch nicht und ein paar Filter an die Turbinen und siehe da es geht sollte beim Tiger auch Funktionieren.
    Mit Luft und Artillerieunterstützung gibt es keine 6 Stunden gefechte mehr mit den Taliban .

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