Seitenblick auf einen Verteidigungsminister, oder wie weit kann man weg sein?
Di ,26/02/2013Ein Verteidigungsminister spricht über Anerkennungsbedürfnis der Soldaten. Klingt ja zu allererst einmal gut. Dringend notwendig. Leider ist der Kontext, in dem diese Meldung veröffentlicht wurde ein anderer. Die deutschen Soldaten seien zu anspruchsvoll. Ist ja logisch, jeder macht seinen Job. Der BMW-Fließbandarbeiter baut BMW (nichts gegen diese Bevölkerungsgruppe, sie dient nur als Beispiel), der Soldat zieht durch die Welt und tötet im Namen der Republik – So sieht es jedenfalls die linksorientierte Presse gerne. Die Soldaten töten, selber werden keine Soldaten getötet. Der BMW´ler kommt von der Schicht nach Hause und macht sich klischeehaft ein Bier auf, um am nächsten Tag wieder an´s Band zu gehen, der Soldat kommt nach ein paar Monaten aus dem Ausland wieder, kittet seine angeschlagene Beziehung, repariert seine Psyche und fährt am Ende des Jahres wieder los. Klischee gegen Klischee. Der BMW´ler freut sich, wenn er seine engen Fließbandquoten erfüllt, der Soldat lebt „für den Auftrag“ – alles weitere ist OpSec.
So einfach ist das aber nicht Herr Minister! Meiner unbedeutenden Meinung nach gibt es da sehr wohl einen dicken Unterschied, so leid es mir für den BMW Mitarbeiter tut. – Wie gesagt, nix für Unugt, der arbeitenden Bevölkerung bei BMW.
Ich möchte mich nicht so weit hinreissen lassen, den Herrn Minister darum zu bitten, sich doch mal in Uniform über den Leipziger Bahnhof zu wagen. Ich kann da aus Erfahrung sprechen. Nach meinen letzten neun Monaten im schönen Afghanistan, wollte ich eigentlich nur heim zu meiner Familie. Ich durfte in Leipzig umsteigen, um den Weiterflug nach Köln zu erlangen. Im öffentlichen Flughafenbereich passierte ich eine Familie. Klassiker: Mann, Frau, Kind. Gut gekleidet, auf dem Weg in oder aus dem Urlaub. Ich denke nicht, dass der Herr Ehemann krank war. Er schaffte es trotzdem mir sein Innerstes zu geben. In Form eines schönen Schleimbatzen, den er tief aus sich herausgeholt hat und vor mir auf den Boden gespuckt hat. Ich war müde, in Uniform, verunisichert wieder unter Menschen zu sein und auf dem Weg nach Hause. Sein Glück. Heute sage ich, auch mein Glück. Bin ich doch damals Staatsbürger in Uniform gewesen. Ist es diese Art Anerkennung nach der wir Soldaten lechzen? Denke ich heute, als Reservist zu eng? Bin ich militant, wenn ich sage, nach neun Monaten Einsatz und nicht nur einem Angriff gegen meinen Leib und mein Leben, möchte ich ein klein wenig mehr Amerika, wenn ich nach Hause in meine Heimat komme. Ein klein wenig „Danke, dass Du für unser Land unterwegs warst, den Arsch hingehalten hast und Dein Leben riskiert hast.“ Es muss mir nicht der Minister selbst gratulieren. Es war mein Job. Es ist der Job jedes Soldaten und jeder Soldat sucht sich das heute so aus. Richtig. Aber jeder Soldat erwartet einen obersten Dienstherren, der hinter ihm steht. Am Hindukush, in Somalia, im ehemaligen Jugoslawien, am Horn von Afrika, überall auf der Welt, wo Deutsche Interessen vertreten werden. Von „meinem“ Minister erwarte ich Anerkennung für meine Leistung und vor allem Vertretung der Bundeswehr nach Innen und Außen.
Bleibt also die Frage, ist Herr De Maiziere wirklich dermaßen weit weg von der Truppe, wie es scheint, oder hat er es sich mit der Presse dermaßen verscherzt, dass hier seine Aussagen bewusst in falsches Licht gerückt werden? Was wollte der Herr Minister sagen? Sollte es tatsächlich heißen, dass der deutsche Soldat mehr Anerkennenung benötigt und bekommen sollte und wurde ihm der ignorant, süffisante Unterton der tiefgreifenden Kritik nur untergeschoben? Von einer links-gesteuerten, sensationslüsternen Presse? Man weiß es nicht, aber wenn ja, warum kommt dann kein Dementi aus dem Verteidigungsministerium? Warum meldet sich der Minister nicht zu Wort? Traut er sich nicht gegen die Presse oder war es wirklich seine Absicht, seine Aussage in diesem Licht stehen zu sehen.
Sollte dies der Fall sein, hier meine Forderung: Herr Minister, ziehen Sie sich bitte Ihre harte Weste an, setzen Sie sich in eine Bw-Maschine, lassen Sie sich von Feldjägern der Bw schützen und fahren Sie nur ein paar Tage durch Balkh, besuchen Sie die schöne Stadt Maymanah oder Pol-eh-Khomri. Der Salangh-Pass soll um diese Jahreszeit besonders schön sein. Auf jeden Fall raus aus dem geschützen Lager in Masar-eh-Sharif. Auch wenn das wieder eigene Kräfte bindet. Sinnlose Besuchsreisen sind ausreichend begleitet worden, auf eine mehr oder weniger kommt es nicht an, also: nutzen Sie die nächste Reise, sich ein Bild von der wirklichen Arbeit, IHRER Soldaten zu machen! Lernen Sie von Ihren Vorgänger (der beste ist leider kürzlich verstorben), verstehen Sie! Fahren Sie wieder nach Hause, entschuldigen Sie sich bei IHRER Truppe und ziehen Sie dann die einzige Konsequenz, die Ihr jüngstes Verhalten erlaubt: Treten Sie schnellst möglich zurück! Ein Verteidigungsminister, der die lebensgefährliche Arbeit SEINER Soldaten nicht zu schätzen weiß, ist lebensgefährlich für die Truppe. Bürokratie gewinnt kein Gefecht und Realitätsferne erst recht nicht. Wie abgehoben kann man sein?!
Als kleine Leseempfehlung hier ein Brief des Bundesvorsitzenden des Bundeswehrverband Herrn Oberst Kirsch: Link zum DBwV
Hier noch ein Artikel des Stern über die letzten Aktionen unseres Herrn Ministers: Link zum Stern
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