Ich werde hiermit anfangen, meine Touren, die ich mit meinem Maschinchen, einer XJR 1300, von München aus durch die Alpen mache, nieder zu schreiben. Gerne zum Nachfahren, oder einfach nur zum neugierig lesen.
Zu dieser Runde vorweg:
Ich schreibe sie als Zweitagestour auf, da sie es für stramme Fahrer ist. Mit ein wenig Phantasie kann man sie aber auch jederzeit verkürzen oder verlängern. Ich denke aber mit gut 500 Km am Tag ist sie für geübte Fahrer auf jeden fall machbar und uns hat sie so Spaß gemacht. Diesmal sind bis auf eine Ausnahme auch keine echten „Geheimtips“ dabei, aber ich denke bei der Aktion macht es die Mischung zwischen schnellen Stücken mit runden Kurven und engen Bergstraßen mit fahrerischem Anspruch in Verbindung mit tollem Bergpanorama im Nationalpark Stilfser Joch.
Los ging es, wie immer in München. Erst mal Strecke machen und auf die Garmischer Autobahn. Man muss den Bergen ja näher kommen. In Farchant dann direkt rechts, Richtung Ettal. Bayern-Kultur pur dort. Das lebendig Klischee 😉 Ich frage an dieser Stelle mal nicht, wie viel davon für Touris ist und wie viel ernste Einstellung. Touris waren jedenfalls genug da… Vielleicht mal ein extra Eintrag dazu, wer weiß.
Weiter auf der Route: Von Ettal Richtung Schloß Linderhof und weiter zum Plansee. Eigentlich eine unserer Hausstrecken, aber ich muss sagen, wenn man sie mal ein oder zwei Jahre nicht mehr gefahren ist, durchaus interessant. Guter Belag, wenig geholper und viele Kurven 😉 Am Plansee entlang ist, wie immer schon gewesen, ein wenig Vorsicht geboten. Hinter jeder Kurve stehen Badegäste rum oder wenden an den unmöglichsten Stellen. Aber so bleibt wenigstens ein wenig Zeit, die tolle Kulisse zu genießen. Schon geht es nämlich wieder runter nach Reuthe und ein kurzes Stück auf die Fernpass-Bundesstraße, Richtung Inntal. Weniger schön, aber eben nur kurz und notwendig, um das Berwangtal zu erreichen. Dieser Schlenker über Berwang und das Namlostal in das Lechtal ist einfach ein MUSS! Genialster Straßenbelag, runde Kurven, wenig Verkehr und tolle Landschaft machen dieses Stück zu einem echten Mopedzuckerl. Bis hierher auch noch gut als Tagestour von München aus zu fahren. Kurz vor Stanzach im Lechtal dann auf der linken Seite das neu renovierte Biker Gasthaus mit lecker Germknödel und super Preisen. – Sehr zu empfehlen und als Wendepunkt für Tagesausflügler, die dann evtl. über den Gaichtpass zurück nach Deutschland wollen ideal.
Wir düsen aber weiter das Lechtal hoch um dann den Hauptverkehr auf das, zugegebenermaßen verlockende, aber heute nicht geplante, Hahntennjoch abbiegen zu lassen. Uns zieht es weiter gen Westen den Lech entlang, vorbei an Bergen und Wäldchen, durch kleine Orte, bis wir dann in Warth auf den Flexenpass und den Übergang zum Arlbergpass abbiegen. Obwohl ich schon 1000x in der Gegend war, auch den Arlberg schon mit Skiern genossen habe und Zürs, Lech und Warth kenne, mit dem Motorrad doch eine Premiere. Es hat sich gelohnt das Hahntennjoch zu verschmähen und einmal diese Variante zu testen. Kleine Straße, tolle Landschaft, leider viel Linienbusverkehr, aber dank 140 PS auch das kein Prrrrrrrrroblem 😉
Am Arlberg haben wir uns dann nicht verwirren lassen und sind auf der alten Bundesstraße geblieben. Nicht nur zu geizig für die Mautvignette auf der Schnellstraße, auch zu „kurvengeil“ und eilig haben wir es ja auch nicht gehabt. Also brav nach Bludenz gegondelt und hier auf die Silvretta-Hochalpenstraße abgebogen. Bis zur Mautstelle relativ „F“ würde jemand aus meinem Bekanntenkreis sagen, aber dann…. 10,50€ klingen erst mal sauber überzogen für ein paar Kilometer Kurven, ohne größeren baulichen Aufwand, aber dank meines Mitfahrers haben wir es ausgenutzt, indem wir die Auffahrt dann eben zweimal durchgebügelt sind. So blieb auch ein wenig Zeit zu genießen und die Kurven zu reiten. Auch hier guter Belag, wenig geholper und annehmbar wenig Verkehr. An dieser Stelle Gruß an den einheimischen Golffahrer: Ich hätte nicht gedacht, dass ein kleiner TDI, mit vier Mann besetzt noch so nen Abzug und vor allem so ne Kurvenlage hat. Respekt! Aber leider muss ich Dir sagen, XJR rockt einfach mehr!
Auf der Bieler Höhe haben wir dann nicht den Fehler gemacht und sind in das große Gasthaus, direkt am Pass gegangen, sondern haben kurz vorher die kleine Almwirtschaft, direkt an der Straße heimgesucht. Lecker Käse-Speckplatte genossen, dazu frische Buttermilch vom Bauern und Sonne. Umso schwerer ist es gefallen, dann wieder aufzubrechen, denn auch hier grassiert der Schlafseuchenbazillus 😉
Nachdem wir unsere Maschinen dann von den herumstreunenden, glücklichen Kühen gerettet hatten und den Schweinchen ausreichend beim Suhlen im Dreck beobachtet hatten, Abfahrt nach Landeck in die Hitze des Nachmittags. Schnell noch getankt, nachdem wir dachten Österreich wäre billig und mal wieder schlecht informiert waren, was die Schweizer Benzinpreise anging und dann kurz vor dem Reschenpass rechts in Richtung St. Moritz das Inntal hochgefahren. Was auf der Karte nach Ortschaftengondeln aussieht hat sich als schöne, kurvenreiche und gut zu fahrende Strecke herausgestellt und war auf jeden Fall lohnender, als der langweilige Reschenpass. Übrigens dieser und die Route über Inntal / Ofenpass eine der wenigen, kostenlosen Möglichkeiten, über die Alpen zu kommen.
Es folgte der Ofenpass zurück nach Italien. Durch endlose Kiefernwälder schlängelt er sich landschaftlich genial eingebettet in runden Kurven hinauf und wieder hinunter nach Münanstier und dort an eifrigen Zöllnern vorbei wieder zurück nach Italien / Glorenza und Sluderno. Wer gerne malerische Orte mit echter Romantik mag, sollte sich in St Maria im Vale Münastair einquartieren. Einfach nur schön. Hier auch die Möglichkeit, den oft gesperrten Passo dello Stelvio (Stilfser Joch) über den Umbrailpass zu umgehen. Dieser ist zwar nur tagsüber (0600 – 2000) geöffnet und hat ein paar Kilometer Schotterpiste in sich, ist aber sicher auch nicht uninteressant.
Uns hat es diesmal endlich über den höchsten Alpenpass, das Stilfser Joch gezogen. Achtundvierzig Kehren Hoch, vierzig Kehren runter. Wahnsinns Panorama auf die Gletscher der rund 3900 m hohen Ortlermassive machen die teilweise wirklich schlechte Straße wett. Dieser Pass ist mit seinen spitzen Kehren und seinen engen, steilen Passagen wirklich nichts für ungeübte, macht aber trotz Vorsicht und Konzentration einfach Spaß und beeindruckend wie sich die Straße hier den Berg hinaufschlängelt und das ganz ohne Mautgebühren.
nördliche Auffahrt Stilfser Joch
nördliche Auffahrt Stilfser Joch
So, eigentlich sollte nun auf der Piemonter Seite, bei Kehre 22 Schluss der Tagestour sein. Hier gibt es, direkt neben dem Wildbach, mitten im malerischen Hochgebirgstal einen kleinen Kiosk mit drei Zimmern, der uns die letzten Jahre als Übernachtung diente. Dieser Familienbetrieb mit Vater und Sohn ist einfach das Richtige, wenn man mit einfachem, lecker Essen, toller Kulisse, einer Dusche und einem gemütlichem Bett, mitten in den Bergen zufrieden ist. Leider ist uns eine Gruppe Münchner Motorradfahrer um wenige Minuten zuvorgekommen, so dass wir weiterziehen mussten. Sie haben sich einfach nicht bestechen lassen und wollten das schon vorbereitete Abendessen und ihre warmen Zimmer nicht an uns arme Leute abgeben 🙁
Wir also weiter hinab durch dunkle, nasse und holperige Tunnels (Vorsicht hier, echt gefährlich, vor allem mit Fahrradfahrern ohne Licht und kranken Autofahrern!) nach Bormio, wo wir feststellen mussten, dass Alto Badgio nicht nur altes Bad, sondern auch teures Kurhotel mit Wellness bedeutet und der Ort selber mit angrenzenden Nachbarorten zur italienischen Ferienzeit wirklich voll ist. So schwer war es selten was gemütliches und bezahlbares für die Nacht zu finden. In St. Catarina Valfurva haben wir es dann geschafft und doch noch eine nette Pension mit Frühstück und genialster Pizza im Ort, am Fuße des Passo die Gavia gefunden.
Nach guten 500 Km war das auch endgültig notwendig, da sich der Popo und die Nackenmuskeln schon beschwert hatten.
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Tag 2:
Falls man in Italien jemals von lecker Frühstück sprechen kann, haben wir es hier gefunden. Der Kaffee ausnahmsweise trinkbar, die Brötchen langweilig und hart wie immer, dafür mit Croisants und gutem Speck und Käse ließ es sich ganz angenehm überleben. Nach kurzem Technikintermezzo an beiden Maschinen ging es dann auch los, den Gavia-Pass hoch zu holpern. Die Straße ist wirklich schlecht geworden, trotzdem macht das Ding einfach nach wie vor Spaß. Gut, man kann versuchen mit dem Wohnmobil drüber zu kommen und alle Schilder ignorieren, aber spätestens bei der südlichen Abfahrt in Richtung Ponte die Legno rächt es sich dann. Die Straße ist dort zwar frisch geteert (zum Teil) aber eben noch immer zu eng. Eigentlich sogar für Autos, aber mit ein bisschen Hirn, liebe Autofahrer, kann man auch hier aneinander vorbeifahren, gell?!
Unten angekommen schnell über den Passo Tonale. Ich habe das Ding eigentlich als langweilige Schnellstraße in Erinnerung gehabt, es hat sich aber als wirklich schöne Strecke, die man zügig mit runden Kurven und ohne böse Überraschungen fahren kann herausgestellt. Fakt: Wir hatten tierisch Spaß auf dem Weg in das Vale Nonno.
Eigentlich wollten wir ja weiter über den Mendelpass nach Bozen und dort das Penserjoch und den Jaufenpass unsicher machen, aber die böse Uhr hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht, so dass wir uns entschieden haben, einen Versuch zu starten. Auf der ADAC Karte meines Mitfahrers war die folgende Straße gar nicht verzeichnet auf meiner Tourenkarte als kleiner grauer Weg eingezeichnet und auf der alten Südtirolkarte als im Bau markiert. Trotzdem sind wir ca. fünf Kilometer vor Fondo auf der Forcela die Brez, in Richtung Vale Ultimo abgebogen. Allein die Strecke nach Castellfondo auf das Joch, aber auch der Weg hinunter in das Ultimotal waren der Traum. Kein Verkehr, neu gebaute Straße, helle, saubere Tunnels und Kurven Kurven Kurven … GEIL!
Nachdem wir nun, dank der Abkürzung, etwas Zeit über hatten, sind wir das Ultimotal bis Ende an den Weißbrunnsee, hinter St. Gertraud durchgefahren. Tolle Landschaft auch hier. Ein Märchenwald mit Steinen und uralten Lerchen hat uns erwartet. Am Ende der Straße ein netter See mit Gasthaus „Knödelmoidl“. Was erst als absolute Touriabsteige den Eindruck gemacht hat, hat uns mit Gemütlichkeit, nettem Service und unschlagbar leckerem Essen überrascht, so dass wir doch die gewonnenen Stunden hier abgesessen haben und der Wanst gepflegt wurde. Weightwatchers lässt grüßen.
Nach getaner Mittagsruhe ging es auf den Heimweg. Durch die Hitze Merans und das Paseiertal in die Geburts- und Wirkungsstätte des Tiroler Nationalhelden Andreas Hofer, nach St. Leonhard und von dort über meine Haus- und Hofrennstrecke auf das Timmelsjoch. Ein herzliches Sorry an alle die, die ich auf den 35 Km zur Jochöhe verbrezen musste. Ich kann hier einfach nicht langsam fahren. Diese Straße verführt mit seinen engen und schnellen Kurven im Wechsel einfach zum ziehen am Gashahn. Vor dem Jochtunnel noch schnell zwei Espressi an der extra für uns eingerichteten Jausenstation mit geschenktem Apfelstrudel und lecker Speck, bevor es auf die endlos erscheinende Heimreise durch das Ötztal ging.
südliche Auffahrt Timmelsjoch
südliche Auffahrt Timmelsjoch
Das Ötztal mag ja schön sein und der Fluss wild hinabgurgeln, aber mit der Maschine zieht es sich schon ganz übel. Von den tausend Blitzapparaten mal ganz abgesehen. Aber auch das haben wir geschafft, so dass wir dann über Imst und Seefeld wieder nach Garmisch und per Autobahn in heimische Gefielde gekommen sind.
Wäre der nette Autofahrer im Stau auf der Garmischer nicht gewesen, hätte es dank der Polizei, die der Meinung war, Motorradfahrer, die einfach nicht im Stau stehen wollen abstrafen zu müssen tatsächlich noch teuer geworden. Aber was erst nach fiesem Blocken auf dem Standstreifen aussah hat sich als nette Warnmaßnahme herausgestellt. Danke hierfür nochmal!
Müde und glücklich haben wir dann auch diesen Tag herumgebracht und sind wohlbehalten im schönen München eingetrudelt. Eine gelungene Tour, abwechslungsreich und einfach nur schön. Wir kommen wieder, keine Frage.
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