CptHell´s Seitenblicke

Seitenblick auf geöffnete Briefe, ein Segelschiff, schießende Soldaten und Oppositionen

Focus online poltert: „Für die Mutter der toten Gorch-Fock-Kadettin steht fest: „Meine Tochter fällt da nicht einfach runter.“ Die Opposition wirft Guttenbergs Verteidigungsministerium vor, diesen und andere Vorfälle in der Bundeswehr zu vertuschen. Der Minister wehrt sich…“ Das nenne ich ja mal professionellen Journalismus! Kein Vorwurf an eine trauernde Mutter. Das Gefühl die eigene Tochter Meilen weit von zu Hause entfernt verloren zu haben – für immer muss einfach nur niederschmetternd sein. Eine Grenzerfahrung. Eltern sollten nicht ihre eigenen Kinder beerdigen. Diese Person kann unmöglich zitiert werden. Keiner, auch die angesprochene trauernde Mutter war bei diesem tragischen Unglück dabei. Keiner kann sagen, wie es dazu kam, außer die Kadetten vor Ort. Wie kann man sich also eine Meinung darüber anmaßen, ohne informiert zu sein? Wie kann man also von unserem Verteidigungsminister erwarten, eine Meinung zu haben, solange er noch nicht fundiert informiert sein kann?! Das entsprechende – unabhängige – Ermittlerteam der Staatsanwaltschaft ist doch eben erst unterwegs zum Tatort, welcher nicht mal eben um´s Eck liegt. Nein, liebe Tagesschau! Herr zu Guttenberg versucht nicht Dinge „wie immer von sich fern zu halten“, er versucht professionell, meinungsbildend und informiert vorzugehen!

Die Vorgesetzten vor Ort haben, sicher nicht ohne Rücksprache, eine Entscheidung getroffen, die aktuelle Kadettenausbildung auszusetzen. Sicherlich eine überlegte Entscheidung, evetuell – vor diesem tragischen Hintergrund verständlich – eine etwas schnell überlegte… Auch das werden wir, als außenstehende nicht beurteilen können. Ist eigentlich auch nicht wichtig, die Presse hätte die Entscheidung so oder so zerrissen. Das leere Loch auf Seite drei muss gefüllt sein und zu diesem Zeitpunkt war Cora noch nicht für immer narkotisiert.

Eine Ausbildung im Grenzbereich? Sicherlich, jeder, der schon mal auf einem Schiff war, wird eigene klamme Gefühle und / oder Ängste gehabt haben. Höhenangst? Kann man überwinden, wenn man es will. Wissen wir, ob die verstorbene Rekrutin dies wollte? Nicht aus der Presse. Dies wissen nur ihre Kameraden, welche definitiv nach Überwinden der emotionalen Ebene vernommen werden. Ich kenne aus meiner eigenen Erfahrung Rekruten, die durchaus bereit waren an ihre Grenzen zu gehen – nicht nur das, sie haben von uns Vorgesetzten gefordert, an diese herangeführt zu werden und diese weiter auszubauen. Wir sprechen hier von Offiziersanwärtern! Junge Menschen, die auf eine Führungsposition in der Marine trainiert werden, Menschen, die eine harte Auswahl durchlaufen haben, Menschen die körperlich fit sind, intelligente Menschen, Menschen, die gefordert und gefördert werden wollen – junge Menschen auf dem Weg nach oben! Ich war sicher nicht dabei, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es nicht am Druck intern, oder der Ausbilder lag, dass die Kadettin die an diesem verhängnisvollen Tag aufenterte. ES WAR EIN UNFALL! So oder so. Deswegen die stolze Gorch Fock einzumotten oder den Herrn Kapitän Norbert Schatz zu schassen halte ich für weit daneben. Ähnlich wie der hier beschriebene Vorfall Klein vor einiger Zeit nahe Kunduz. Es müssen nicht immer Köpfe rollen, wenn Unfälle oder konsequenter Dienst passieren! Wichtig ist nur, dass dieser Dienst korrekt ausgeführt wird. Selbstverständlich müssen alle Vorfälle genauestens ermittelt werden. Wie war der Ausbildungsstand, wie die Lage vor Ort? Welche Sicherheitsvorschriften wurden missachtet? Fehlen eben solche? Dieser Vorgang darf aber nicht wieder, wie in der Vergangenheit bereits mehrfach geschehen dazu führen, dass die Ausbildung weiter reduziert wird und darunter leidet. Schlimm genug, dass einem kompletten Kadettenjahrgang die weitere Ausbildung ausgesetzt wurde. Eben dies wird wieder passieren, fürchte ich. Wieder wird es heißen es handelte sich um den bösen, bösen, menschenverachtenden und sinnlosen Drill. Die Reaktion der Vorgesetzten auf dem Schiff, hier bei Spiegel Online (aus welcher Quelle auch immer) recht ausführlich beschrieben, halte ich für erwachsen, absolut nicht vertuschend und vernünftig. Das hat nichts mit Meuterei, Vertuschung einer Straftat und anderen in den Gesetzbüchern beschriebene illegale Aktivitäten zu tun.

Wer ist er dieser Drill?? Ich kann nur sagen, mir hat er bereits mehrfach das Leben gerettet. Ich wurde drillmäßig an der Waffe und meiner Ausrüstung ausgebildet. Nur die Teile der Ausrüstung, an denen dies geschah konnte ich im Einsatz effizient und zielgerichtet nutzen. Drill ist das einzige, was in Extremsituationen klappt und das ist nicht menschenverachtend und nicht zu hart, das ist in diesem Beruf einfach notwendig!

Mit mehr Drill würde eventuell auch der Sold, welcher vor kurzem in Phol-e-Khomri verstarb noch leben. Ein Schuss löst sich aus einer Langwaffe ausschließlich absichtlich, im Spiel oder auf Grund schlechter Ausbildung. Welche der drei Ursachen für den Todesfall kausal waren muss die Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungsbeamte vor Ort klären und genau das wird sie tun, Herr Trittin! ( Siehe oben verlinkter Focus online Bericht, letzter Absatz) Nicht nur der Herr Verteidigungsminister wird dahinter stehen, auch die Staatsanwaltschaft Gera wird vollständige Aufklärung fordern, also lasst uns doch warten mit Spekulation. Bitte auch in der Presse und im Web 2.0. Hier wird nicht vertuscht, sondern hier wird ein möglicher Straftatbestand umfangreich ermittelt. Das braucht seine Zeit. Es wird doch auch erwartet, hier tiefgründig und umfassend zu ermitteln. Was soll also diese Hektik aus Presse, Öffentlichkeit und Opposition? Keiner der Beteiligten wird untertauchen. Ich bitte um Professionalität!!!

Ein weiterer Fall quält sich durch die Schlagzeilen. (Hier eine recht neutrale Berichterstattung des Spiegel Online) Briefe und anderer, privater Schriftverkehr in und aus dem Auslandseinsatz soll abgehört / geöffnet und kontrolliert worden sein. Sollte sich dieser Vorwurf bewahrheiten auf gut bayrisch gesagt: Ein dicker Hund! Aber auch hier: Vorsicht!! Es ist nichts bewiesen! Es ist einfach noch nicht fertig ermittelt! Auch der Minister kann noch nicht mehr wissen. Der Wehrbeauftragte Königshaus wurde doch eben erst über den Vorfall durch die Soldaten informiert! Der Stern „weiß“ zum Beispiel, dass diese Briefe durch ausländische Privatfirmen transportiert wurden. (Siehe Artikel auf Stern Online) Sollten sich diese Indizien erhärten muss natürlich weiter ermittelt werden, warum diese wohl afghanischen Firmen nicht besser ausgewählt und / oder kontrolliert wurden. Immerhin könnten auf diese Weise auch andere Post abhanden gekommen oder geöffnet worden sein und damit ein empfindliches Sicherheitsleck entstanden sein. Seid Euch gewiss, liebe Leser, der MAD wird hier genauestens ermitteln. Dies ist sein Job, seine Daseinsberechtigung in einem harten Haushaltskampf um Mittel und sein Ehrgeiz. Die Schuldigen werden gefunden werden. Aber eben erst nach gewisser Zeit. Sollten die Sendungen dienstlich geöffnet worden sein (z.B. eben durch den MAD) bin ich überzeugt, wird es dafür hinreichende Gründe gegeben haben, bzw. hat es diese nicht gegeben, werden hier definitiv Köpfe rollen. Ggf. wird dies nicht in die Öffentlichkeit kommen, da sich kein Geheimdienst der Welt gerne hinter die Fassade gucken lässt, aber Deutschland ist zum Glück noch keine Bananenrepublik und ich bin mir sicher hier nicht naiv zu denken. Darum rufe ich hier zur Ruhe auf.

Seltsam stimmt mich ein geposteter Blog eines meiner Twitterfollower, in denen er angeblich aus einem Cache gesammelte Kommentare aus dem Blog  Soldatentreff veröffentlich, die „verschwunden“ sind. (Link zu den nicht mehr öffentlichen Kommentaren)

Wer ließ diese Kommentare verschwinden und warum? Es handelt sich um eine sachliche Diskussion mit Erfahrungsberichten von Angehörigen und betroffenen. Sollte jemand diese Löschung befohlen haben, einmal mehr eine aus blindem Aktionismus resultierende Aktion. So schürt man Misstrauen Leuteanz schechte Reaktion der betroffenen Stellen. Auch hier muss in den zuständigen Referaten ermittelt werden und dem Minister vorgetragen werden. Der Verantwortliche sollte Gründe vorweisen können!

Was haben uns diese drei Vorfälle und deren Aufarbeitung in den modernen Medien, wie online Presse, Twitter und Web2.0 gezeigt? Die Welt dreht sich für manchen unserer Mitbürger (auch in politischen Spitzenämtern) einfach zu schnell. Man möchte es einfach nicht verstehen, dass schnelle Informationsstreuung auch was  mit Verantwortung zu tun hat. Quellen werden nicht mehr sauber recherchiert, Zitate verzerrt und warum das alles? Die Quote zählt. Der Rubel muss rollen und wenn dadurch die letzten Bastionen der vernünftigen Politik, wie unser Verteidigungsminister fallen müssen. Die Welt hat sich weiter gedreht, Leute! Akzeptiert es und vor allem, lernt damit umzugehen!

Wie immer sind mir Eure Kommentare und Meinungen oder Erfahrungen wichtig.

In diesem Sinne: Denken, drücken, sprechen!

Twitter It!

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6 Responses to “Seitenblick auf geöffnete Briefe, ein Segelschiff, schießende Soldaten und Oppositionen” »

  1. Jakob Says:

    Ich glaube, dass die ganze Aufregung tatsächlich nur der zeitlichen Nähe der Vorfälle geschuldet ist. Die Meuterei, tote Soldaten und Zensur sind an und für ich ja nicht gerade untypisch fürs Militär. Ein paar Köpfe sollten zwar rollen aber am System wird sich nichts ändern.

  2. CptHell Says:

    Na ja… Meuterei und Zensur typisch? Ich weiß nicht… Ich denke nach wie vor, wenn ich an meine Dienstzeit zurück denke, es handelt sich um Probleme im mittleren Menagement. Es passiert etwas, z.B. es löst sich ein Schuß, ein Kamerad stirbt und sofort keimt bei diesen Kameraden die Frage: „Oh mein Gott, wie soll man das dem Minister erklären? Was wird die Presse sagen?“ und und und… Genau das ist ja das Problem. In schweren Situationen müssen schwere Entscheidungen getroffen werden. Führer die dies durchziehen, z.B. Oberst Klein oder der Kapitän der Gorch Fock werden zum Bauernopfer degradiert und müssen den Hut nehmen. Welche Zeichen setzt man damit? Richtig! Ohne Rückgrat geht es besser. In diese Richtung wird sich der Führernachwuchs und die Politiker entwickeln. Dann muss man aber auch überdenken, ob es evtl. mehr Sinn macht, die Bundeswehr mut dem THW zusammenzulegen und zukünftig nur noch Hilfseinsätze in Haiti oder anderen Katastrophenregionen fahren…

  3. Braunix Says:

    Völlig klar, der zu Guttenberg soll angeschossen werden. Die Soldaten sind für einen Trittin sowieso nur potentiell rechtextremer Abschaum. Es bleibt zu hoffen, dass dies alles im Ausland nicht beobachtet wird. Der schmale Rest an Reputation deutschen Militärs wird dann verdampfen.

    Wenn ich mir das ganze letzte Jahr anschaue, kann ich nur sagen: Was bin ich froh, nicht in diesem Theater mitspielen zu müssen.

    Denn ganz anders als bei der Bundeswehr…

    …ist mein neuer Arbeitgeber nur ganz selten Bühne für die Profilierungssucht von Politikern und Journalisten aller Couleur.
    …vertraut mein neuer Arbeitgeber seinen Mitarbeitern. Wir haben unsere Waffe von Montag bis Freitag im Schrank. Niemand versucht uns Angst vor diesem Arbeitsgerät zu machen. Niemand zweifelt unsere demokratische Gesinnung an und schafft dafür einen eigenen ideologischen Überbau wie die „Innere Führung“.
    …gibts hier ein funktionierendes Computernetzwerk.
    …gibts obendrein eine State-of-the-art Ausrüstung, die mir im täglichen Dienst Vertrauen gibt.

    Aber Respekt an alle, die weiterhin das Kreuz haben, Figuren auf dem Schachbrett der Hampelmänner aus Berlin zu sein.

    Gruß

    Braunix

  4. Maik Says:

    Ich verstehe nicht so ganz wo einige Leute, und vor allem auch unsere Medien das Problem sehen…

    Was die verunglückte Kadettin angeht kann ich nur sagen: Ein Schiff ist immer ein gefährlicher Arbeitsplatz. Gerade wenn man irgendwo klettert muss man besonders aufpassen.
    In einigen Medienberichten ist zu lesen, dass die Kadettin erschöpft gewesen sein soll und auf Nachfrage eines Offiziers, ob sie die Übung nicht abbrechen wolle, geantwortet habe, es ginge schon.
    Man kann daher also nicht so tun, als sei an dem Vorfall nur die Bundeswehr, das Schiff oder der Kapitän schuld.
    Wer übermüdet klettern geht – egal wo und aus welchem Grund – begibt sich in große Gefahr.

    Zum Thema geöffnete Post und abgehörte Telefongespräche:
    Post aus Afghanistan wird, wie auch aus jedem anderen Nicht-EU-Land, am Flughafen durch den Zoll geöffnet und kontrolliert.
    Damit hat die Bundeswehr nichts zu tun. Das passiert im Rahmen der ganz normalen Einfuhrkontrollen. Gerade bei Ländern, die für Drogenproduktion und Export bekannt sind (wie nunmal auch Afghanistan) fallen diese Kontrollen eben besonders streng aus.
    Dem Zöllner ist dabei egal, ob er da Geschäftsbriefe eines Einheimischen oder die private Post eines deutschen Soldaten kontrolliert…

  5. CptHell´s Seitenblicke » Blog Archive » Nachtrag zum gestrigen Seitenblick über Bundeswehr, Gorch Fock und zu Guttenberg im Kreuzfeuer Says:

    […] } } dropdown.onchange = onCatChange; /* ]]> */ Grüße von Euch an Alle KommentareMaik bei Seitenblick auf geöffnete Briefe, ein Segelschiff, schießende Soldaten und OppositionenBraunix bei Seitenblick auf geöffnete Briefe, ein Segelschiff, schießende Soldaten und […]

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